Viele lassen sich durch ihre Liebe für Debatten oder ihren Gerechtigkeitssinn zum Jurastudium treiben. In der Realität bestehen die Studienjahre allerdings hauptsächlich aus dem sturen Lernen von theoretischem Wissen und wenig aus der juristischen Praxis. Um dem entgegenzuwirken, richtet die European Law Students’ Association (ELSA) – die weltweit größte, unabhängige Vereinigung von Jurastudierenden – jährlich verschiedenste Moot Courts aus. Von lokaler Ebene bis zur internationalen und vom Zivilrecht bis zum Öffentlichen Recht ist alles dabei. Moot Courts sind simulierte Gerichtsverhandlungen, bei denen Studierende die Chance erhalten, ihre juristischen Kenntnisse und Fähigkeiten in der Praxis auf die Probe zu stellen. Auch gibt es die Möglichkeit, eine Schlüsselqualifikation und tolle Preise zu erwerben. Märchen Moot Courts (MMC) Gegen welche Strafgesetze verstößt eigentlich der Wolf in Rotkäppchen? Sind Hänsel und Gretel des Mordes schuldig? Und ist der gestiefelte Kater eine Sache im Sinne des StGB? Wer der Meinung ist, Fantasie komme im Jurastudium eher zu kurz, könnte an einer Teilnahme an einem Märchen-Moot-Court viel Freude haben: Ein Märchen fungiert dabei als strafrechtlicher Sachverhalt und es muss untersucht werden, wie die unterschiedlichen Figuren strafrechtlich in Erscheinung getreten sind. Es folgt im Anschluss an eine Schriftsatzphase eine mündliche Verhandlung, bei der sogar Zeugen aus dem Märchen vernommen werden können, um so bei der Beweisaufnahme Inhalte für das eigene Schlussplädoyer zu sammeln. Auch bei diesem Moot Court ist der verlangte Zeitaufwand eher gering und er eignet sich ausdrücklich für niedrigere Semester, sodass der MärchenMoot-Court ideal für den Einstieg und alle, die sich für Strafrecht interessieren, ist. ELSA Deutschland Verwaltungsrechts Moot Court (EDVMC) Verwaltungsakt, Anfechtungsklage und VwGO – wer ein Faible für Verwaltungsrecht hat, ist mit dem ELSA Deutschland Verwaltungsrechts Moot Court (EDVMC) sehr gut beraten: Mit diesem Moot Court richtet sich ELSA Deutschland seit 2017 ganz konkret an all diejenigen, die sich besonders für das Verwaltungsrecht interessieren. Im Tandem bekommen Studierende dabei die Möglichkeit, als Prozessbeteiligte zunächst vor einem fiktiven Verwaltungsgericht Kläger- und Beklagtenrolle einzunehmen und im Anschluss an die Schriftsatzphase dann auch die eigene Position zu verteidigen. Das Finale findet dann sogar an einem „echten“ Verwaltungsgericht statt und wurde etwa schon am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig oder am Verwaltungsgerichtshof in Mannheim veranstaltet. Da die Schriftsatzphase und der Zeitraum zum Erstellen der Klageschrift mit nur circa sechs Wochen eher kurz sind, lässt sich dieser Moot Court besonders gut mit dem Studium vereinen – ein Semester zu pausieren, ist mitnichten notwendig; es kann allerdings hilfreich sein, bereits Kenntnisse im Verwaltungsrecht zu haben. Wer daran interessiert ist, kann sich auf der Internetseite von ELSA Deutschland näher erkundigen und sich entweder an den Vorstand der lokalen Fakultätsgruppe oder das zuständige deutschlandweite Direktorium wenden. Die Anmeldung wird von ELSA Deutschland koordiniert. Wann die Anmeldephase beginnt, wird in der Regel über den Internetauftritt des Vereins bekanntgegeben. ELSA Deutschland Moot Court (EDMC) “Während des Studiums, sich Kritik anhören zu dürfen, ist wahnsinnig hilfreich”, sagte Fiona Reysen, Organisatorin des EDMC 2022. Der EDMC ist der größte deutsche Moot Court im Zivilrecht und wurde bereits im Jahre 1994 gegründet. Schon ab dem zweiten bzw. dritten Semester gibt er Studierenden die Gelegenheit, sich in Teams aus je zwei Personen vor einer Jury zu behaupten. Aufgeteilt ist er in drei Runden den Lokal-, National- und den Bundesentscheid – wobei jede einen neuen Sachverhalt und damit einen neuen Schriftsatz, den die Teilnehmenden verfassen müssen, bereithält. Auch die Verhandlungen werden nie langweilig: Auf jeder Ebene sehen sich die Teams einer neuen Richterbank gegenüber. Sollte man sich dann im Finale wiederfinden dürfen, so erhält man mit dem EDMC zudem die Chance, vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe auftreten zu dürfen. Trotz seiner großen Reichweite erlaubt der EDMC eine besondere Flexibilität: er steht für junge Semester offen, wird in deutscher Sprache abgehalten und macht es dank seiner Aufteilung in verschiedene Runden nicht nötig, ein Semester freizunehmen. Pro Entscheid beträgt die Vorbereitungszeit nur wenige Wochen, welche über ein Jahr hinweg verteilt stattfinden. EDMC Lokalrunde beim Landgericht Heidelberg am 23.02.2023 (Quelle: ELSA-Heidelberg e.V.) Helga Pedersen Moot Court Competition (HPMCC) Die Helga Pedersen Moot Court Competition (HPMCC) ist einer der größten von ELSA ausgerichnteten Moot Courts. Dieser europäische Wettbewerb wird auf Englisch abgehalten und beschäftigt sich mit Fällen über Verstöße gegen die europäische Menschenrechtskonvention. Hierbei gibt es drei Runden. Die erste Runde findet lokal statt und die zweite regional. Die letzte internationale Runde wird dann vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte abgehalten. Zu gewinnen gibt es auch hier ein Praktikum: dieses Mal am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Helga Pedersen war eine dänische Juristin und Politikerin. Sie begann als Richterin im Stadtgericht von Kopenhagen. Daraufhin stieg sie immer weiter auf: wurde Richterin am Østre Landsret und später am Højeret von Dänemark. An der Spitze der Karriere wurde sie die erste Frau am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Dort, wo auch ihr stehen werdet, würdet ihr es in die finale Runde schaffen! Im Wesentlichen setzte sich Helga Pedersen für Frauenrechte ein und war Teil der dänischen UNESCO-Kommission. John H. Jackson Moot Court Competition (JHJMCC) Ihr wünscht Euch eine internationale Perspektive? Dann ist die JHJMCC vielleicht genau das Richtige. In diesem Moot Court kooperiert ELSA seit über 20 Jahren mit der World Trade Organisation (WTO). Objekt der Debatte ist das Welthandelsrecht, rund um die wichtigsten völkerrechtlichen Verträge. Nicht nur das Thema, sondern auch die Sponsoren sind international: Von großen Anwaltskanzleien, über Elite- Universitäten aus aller Welt, bis zum ehemaligen Generalsekretär der WTO, der als Schirmherr der Veranstaltung dient. So war John H. Jackson selbst ein amerikanischer Professor, der an der Georgetown Universität lehrte und sich einen Namen als einer der führ- enden Experten im internationalen Wirtschaftsrecht machte. In Teams von zwei bis vier Personen können die Teilnehmenden dann ihr Können auf Englisch unter Beweis stellen. Sie erhalten einen Sachverhalt, der von Experten ausgearbeitet wurde, und müssen dazu dann innerhalb von vier bis fünf Monaten zwei Schriftsätze erstellen, welche die beiden im Rechtsstreit vertretenen Parteien repräsentieren. Und dann geht es zu den Verhandlungen: In der regionalen Runde müssen die Teams ihre Position im direkten Vergleich mit einer anderen Universität verteidigen. Der JHJMCC bedeutet zwar Aufwand, wird dafür aber auch belohnt. Wer es unter die besten 24 Teams und damit ins Finale schafft, darf sich vor der WTO in Genf präsentieren und möglicherweise sogar bleiben. Denn der Preis ist ein Praktikum bei der WTO selbst.
Mehr Informationen
Falls einer dieser Moot Courts Euer Interesse geweckt hat, könnt Ihr unter den folgenden Links
mehr dazu erfahren, wie das ganze abläuft und wie Ihr Euch dafür anmelden könnt.
Märchen Moot Courts: Da diese rein lokal ausgerichtet werden, sind weitere Informationen i.d.R.
auf der Webseite oder den Social Media Kanälen der jeweiligen ELSA Fakultätsgruppe aufzufinden.
ELSA Deutschland Verwaltungsrecht Moot Court: https://elsa-germany.org/unsereprojekte/elsa-deutschland-verwaltungsrechts-moot-court/
ELSA Deutschland Moot Court: https://elsa-germany.org/unsere-projekte/elsa-deutschlandmoot-court/
John H. Jackson Moot Court Competition: https://johnhjacksonmoot.elsa.org/
Helga Pedersen Moot Court Competition: https://helgapedersenmoot.elsa.org/