„Kindersoldaten: Opfer oder Täter im Auge des humanitären Völkerrechts?“ Unter dieser Fragestellung besuchte Frank Mischo von der Kindernothilfe am 18.01. 2022 die Universität Heidelberg. Seit 80 Jahren ist die Kindernothilfe bereits in den Ländern Afghanistan, Uganda und Ägypten aktiv im Kampf gegen Kindersoldaten. Dies ist häufig keine einfache Aufgabe, denn die Betroffenen sind meist schwer zu erreichen, sie werden oft erst entdeckt, wenn sie auf der Flucht sind oder bereits mobilisiert wurden. Aktuell gibt es rund 250.000 Kindersoldaten weltweit. Diese verteilen sich auf 23 Konflikte und 20 Staaten. Davon erreicht die UNICEF allein bereits 100.000 Kinder. Als Kindersoldat gilt jedes Kind, welches unter dem Alter von 18 Jahren in einem Konflikt als Soldat eingesetzt wird. Der Einsatz von Kindersoldaten unter 15 Jahren ist ein Kriegsverbrechen. Herr Mischo erläuterte die Problematik genauer am Beispiel der Lord Résistance Army in Uganda. Diese hält insgesamt rund 25.000 Kinder als Soldaten, welche aus ihren Heimatdörfern entführt, ihren Familien entrissen und somit der Army schutzlos ausgeliefert sind. Entführt werden die Kinder meist in einem Alter bis zu acht Jahren, sodass sie sich weder an den Weg nach Hause, geschweige denn an ihren eigenen Namen erinnern können. Von den nächtlichen Entführungen sind sie oft Jahre später noch traumatisiert. In jüngsten Jahren lernen sie bereits den Umgang mit schweren Waffen und Gewalt und werden somit ihrer Kindheit und Jugend beraubt. Oft entsteht hier ein schwer zu durchbrechender Kreislauf: Die Kinder werden später selbst Kommandeure und finden so einen Weg ihren Leben mit dieser Arbeit zu finanzieren. So entwickeln viele der Kinder das Stockholmsyndrom und fühlen sich bei der Army geborgen. Ein Drittel der entführten Kinder sind Mädchen, von welchen viele gar nicht erst überleben. Die meisten von ihnen werden zwangsverheiratet oder vergewaltigt. Vor allem vergewaltigte Mädchen haben die Rückkehr zu den Familien schwer, weil sie von der Army zurückgeholt oder von ihren Familien verstoßen werden. Die Kindernothilfe versucht die damals entführten Kinder zurück in die Gesellschaft einzugliedern. Sie haben nämlich häufig mit Isolierung und Stigmatisierung der Gesell- schaft zu kämpfen. Hilfe wird mithilfe von psychologischer Förderung, Bildung, Sensi- bilisierung und materieller Unterstützung geleistet. Dabei erzielte die Kindernothilfe bereits einige Erfolge. Im Jahr 2015 taten sich ehemalige Kindersoldaten sogar als private Organisation zusammen, um anderen Kin- dern vor einem tragischen Schicksal zu retten. Zu den Herausforderungen der Bekämpfung dieses Problems gehören vor allem die Macht- verteilungen im UN-Sicherheitsrat, wirt- schaftliche Interessen der beteiligten Nation- en und die sich nicht leicht gestaltende schwere Verhaftung von Verantwortlichen. Die „List of Shame“ zählt alle Länder auf, welche Kinder als Soldaten einsetzen. Auch die USA und Großbritannien sind hier aufzufinden. Daher ist das Ziel der Industrie- staaten, sich selbst von der Liste fernzuhalten, um zumindest hier einen vorbildlichen Cha- rakter einzunehmen. Problematisch erscheint hier insbesondere, dass auch die deutsche Bundeswehr Minderjährige aus Nachwuchs- mangel einstellt. Im neuen Koalitionsvertrag wurde daher festgelegt, dass Jugendliche nicht mehr mit Waffen ausgebildet werden sollen.

Jetzt teilen!